Chronik
Die Geschichte des Gebirgs- Trachten- Erhaltungs-Vereins »Chiemseer« Chieming e. V.
Sitte und Brauchtum waren am Ostufer des „Chiemsees“ seit jeher stark verwurzelt. Am 16. Februar 1897 wurde der Verein “Chiemseer“ Chieming erstmals gegründet. Doch leider waren die Schwierigkeiten zu groß, so dass sich die kleine Gruppe nicht durchsetzten konnte. Die aktive Plattlergruppe lies sich auch in der Folgezeit nicht unterkriegen, wie das Bild aus dem Jahre 1914 zeigt.
Zahlreiche Vereinsplatteln in der engeren und weiteren Umgebung wurden besucht. Die damals abgebildeten Personen waren auch bei der Wiedergründung die maßgeblichen Mitglieder.
Jedoch erst nach dem Ersten Weltkrieg am 23. Juli 1919 war es dann so weit. Die Gründung des Trachtenvereins »Chiemseer« Chieming wurde erneut vollzogen.
Als Gründungsmitglieder sind uns 1. Vorstand Vinzenz Jackl, 2. Vorstand Johann Gnadl, Kassier Josef Siglreitmaier und Schriftführer Josef Putz bekannt. Wieder mussten große Schwierigkeiten überwunden werden, doch der Trachtengedanke hatte diesmal festen Fuß gefasst. Noch im gleichen Jahr wurde der Verein in den Gauverband I aufgenommen.
Zum Darstellen für festliche Anlässe beschaffte sich der Verein eine Standarte mit der Aufschrift des Vereinsnamens und einem Trachtlerpaar. Um das gesellige Vereinsleben anzukurbeln, erwarb der Verein im Jahre 1921 einen Ruderkahn und pachtete zudem eine Schiffshütte.
Unter der Vereinsführung von Ehrenvorstand Rudolf Danner, 1. Vorstand Josef Putz, 2. Vorstand Dr. C. Adlmaier, Hans Stuhlreiter, Vinzenz Jackl und Josef Schrobenhauser war es im Jahre 1923 unter erheblichen finanziellen Opfern möglich, eine Vereinsfahne anzuschaffen.
Gewerbetreibende und Bauern spendeten Geld, Holz und Getreide, Arbeiter viele hart verdiente Reichsmark, um den hohen Betrag von 17.000.000 Mark für die am 28.3.1923 bei der Firma Auer in München bestellte Fahne, aufbringen zu können. Die neue Fahne, welche am 19. August 1923 feierlich geweiht wurde, zeigt auf der einen Seite die Ortschaft Chieming mit der Pfarrkirche im Mittelpunkt, die Rückseite stellt die Mutter Gottes mit Jesuskind dar. Als Fahnenmutter konnte Walburga Danner, als Fahnenbraut Walburga Wimmer, Unknerbauerstochter aus Oberhochstätt gewonnen werden. Die Patenschaft übernahm der Nachbarverein GTEV “Chiemgauer“ Grabenstätt. Den Meistpreis für den zahlreichen Festbesuch bekam der Trachtenverein Obing überreicht.
In der Folgezeit gewann der Verein zusehends an Stärke und Ansehen. Die Gesangsgruppe Kurz-Raffl gewann beim Preissingen im Jahr 1931 in Traunstein mit ihrem Hirtenlied den ersten Preis.
Unter der Leitung von 1. Vorstand Alois Huber und Festleiter Georg Ellmaier wurde im Jahr 1938 bei herrlichem Wetter das Gaufest des Gauverbandes I in Chieming am See abgehalten, wobei 85 Vereine mit 3500 Trachtlern anwesend waren.
Der Zweite Weltkrieg brachte aber auch unserem Verein große Verluste und zum Teil vollkommenen Stillstand. 23 gefallene und 5 vermisste Vereinskammeraden waren zu beklagen.
Daher musste 1946 wieder von ganz vorne angefangen werden. Das Vereinslokal wurde vom Oberwirt zum Unterwirt verlegt. Durch diese widrigen Umstände gingen nahezu alle Vereinsunterlagen und Ehrengaben verloren. Alte, bewährte Vereinsmitglieder und die heranwachsende Jugend brachten den Trachtenverein wieder zu einem angesehenen Verein innerhalb der Dorf- und Trachtlergemeinschaft.
So kam in dieser Zeit die Theatergruppe zustande. Sie führt noch heutzutage zu Weihnachten gutes Laienspiel auf.
Am 29. Juni 1963 konnte der Verein seine zweite Fahne, hergestellt in der Stickerei Worm aus Grabenstätt, zur Weihe bringen. An der Festlichkeit beteiligten sich 50 Vereine mit 9 Musikkapellen. Festleiter war Georg Ellmaier, Fahnenmutter Mathilde Kurz und Fahnenbraut Maria Georg, verheiratete Ortner.
Wieder gingen Jahre regen Vereinslebens einher. Eine Kinder- und Jugendgruppe wurden unter Federführung des Vorstands Bernhard Pletschacher und dem späteren Jugendleiter Rudl Helminger gegründet.
Das Maibaumaufstellen, Theateraufführungen, Heimatabende, Preisplattln, Volkstanzveranstaltungen, Sänger- und Musikantentreffen, sowie kirchliche Feiern und Feste wurden in ursprünglicher Weise begangen. All die Jahre hindurch wirkten aktive Dirndln und Buam unseres Vereins in der Gaugruppe mit.
In diesem Traditionsbewusstsein übernahm der Verein im Jahr 1976 die Ausrichtung des 86. Gaufestes des Gauverbandes I. Unter der Festleitung vom langjährigen 1. Vorstand Bernhard Pletschacher beteiligten sich 114 Vereine mit 28 Musikkapellen und gaben am 25. Juli 1976 wieder ein lebendiges Bekenntnis zur Trachtensache.
Aus im Original vorhandenen und nach Bildern überlieferten Trachten aus der Zeit Mitte des 19. Jahrhunderts wurde eine historische Trachtengruppe zusammengestellt. Seit 1977 wird diese Tracht bei kirchlichen und festlichen Anlässen getragen.
Das 50-jährige, 60-jährige, 70-jährige und 85-jährige Gründungsjubiläum wurden im kleineren Rahmen jeweils mit einem Gottesdienst und einem Heimatabend gefeiert.
Die im Jahre 1919 angeschaffte Standarte, unsere erste Fahne und die 1963 geweihte Fahne wurden inzwischen neuwertig restauriert.
Mittlerweile zur Tradition geworden ist das Gartenfest der Aktiven und der Theatergruppe, welches seit 1981 alljährlich im Hausanger vom Paulfischer abgehalten wird.
In fast 2000 freiwilligen Arbeitsstunden bauten um die Jahreswende 1988/89 unsere Vereinsmitglieder ein Schmuckstück an Vereinsheim und erstellten damit im Haus der Vereine eine Stätte für Ausschusssitzungen der Vorstandschaft, für Proben der Kinder, der Jugend, der Aktiven, der Theatergruppe, sowie für Jahresversammlungen.
Zum Mitfahren an Trachtenfesten bauten im Jahre 1992 einige unserer Trachtler einen alten Leiterwagen zu einem stabilen Festwagen um.
Das 75-jährige Gründungsjubiläum feierte der Verein unter der Leitung von 1.Vorstand und Festleiter Max Probst am 6./7. August 1994 mit Teilnahme von 50 Trachten- und Ortsvereinen sowie 13 Musikkapellen.
Anlässlich des 100-jährigen Gründungsfestes wollen wir Rückschau halten auf die Zeit seit der Vereinsgründung, wir wollen aber dieses Jubiläum auch als Ansporn betrachten um unser Kulturgut Tracht und Brauchtum zu erhalten und an unsere Kinder und Jugend weiterzugeben.